Perspektiven für die Pflege

Fragen zu den Perspektiven für die Pflege vom DGB, ver.di, Diakonie und Caritas in Osnabrück.

Manuel Gava Perspektiven für die Pflege
Manuel Gava Perspektiven für die Pflege Bild: Matthias Zomer

Wie wollen Sie die Situation der Beschäftigten in der Pflege verbessern?

Unabdingbar sind Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Nur 7-10 Jahre beträgt die Verweildauer von Pflegekräften im Beruf (wenn man Krankenhaus und Altenpflege zusammenrechnet). Wenn wir nur einen Teil dieser Kräfte zurückgewinnen könnten, würde das den Pflegenotstand erheblich mildern.

Häufiges Einspringen, Unterschreitung der Ruhezeiten, in Urlaubs- und Krankheitszeiten 2-3 Wochenenden hintereinander arbeiten, dass alles bei einem hohen Grad an Verantwortung für die zu betreuenden Menschen, die physische und psychische Belastung der Tätigkeit, all das sind Gründe für eine Berufsflucht.

Diese Rahmenbedingungen sind nur mit mehr Personal und mehr Geld im System zu verbessern. Die Pflegekräfte brauchen verlässliche Arbeits- aber genauso dringend verlässliche Freizeiten. Die Stellenschlüssel müssen so erhöht werden, dass Krank- und Urlaubsphasen nicht zwingend dazu führen, dass die noch arbeitenden Kräfte zusätzliche Dienste übernehmen müssen.

Wir benötigen neue Arbeitszeitmodelle, die Familie und Beruf verlässlich vereinbaren lassen. Kinderbetreuungszeiten, die den Dienstzeiten in der Pflege entsprechen (morgens oft bereits um 06.00 h Dienstbeginn, der Spätdienst bis 21.00 h, von den Nachtdiensten ganz zu schweigen).

Wir brauchen Ausgleichszeiten für dauerhaft geleistete Überstunden oder die regelmäßige Unterschreitung der Ruhezeiten, die einen Anreiz für die Beschäftigten schaffen. Das gilt auch für die geleistete Arbeit an Sonn- und Feiertagen, insbesondere Ostern, Weihnachten, Sylvester. Gerade an diesen Tagen verzichten die Pflegekräfte auf Familienleben und Freunde.

Die Personalbemessung muss sich an den Bedürfnissen der zu pflegenden Menschen orientieren und nicht an Pflegegraden oder Diagnosen. Wer selbst einmal im Krankenhaus war oder einen Besuch in einer Pflegeeinrichtung gemacht hat weiß, wie wichtig die persönliche Ansprache ist.

Auch eine gerechte Entlohnung für diesen verantwortungsvollen Beruf ist ein Thema. Z.B. in den diakonischen Einrichtungen, bei der Caritas, AWO etc. werden bereits Tariflöhne gezahlt und in einigen wenigen privaten Einrichtungen werden Pflegefachkräfte sogar übertariflich bezahlt, um überhaupt noch Fachkräfte gewinnen zu können. Dies geht dann aber eindeutig zu Lasten der nicht oder nur gering ausgebildeten Pflegekräfte, die wir genauso dringend brauchen. Darum brauchen wir dringend tarifliche Entlohnung für alle Pflegekräfte. Auch ist es ein Unding, dass nach wie vor die Pflegeassistenten ein Schulgeld bezahlen müssen! Das muss schleunigst abgeschafft werden, um junge Leute für diesen Beruf zu begeistern und sie von Anfang an gerecht zu entlohnen.

Die Einführung einer 35 Stundenwoche für Pflegepersonal würde den Reallohn erhöhen und ein wenig mehr Freizeit ermöglichen. In den Metallerberufen ist dies auch möglich!

Wie wollen Sie die Finanzierung der Pflege auf gesicherte Grundlage stellen?

Die Einführung einer Pflegebürgerversicherung, so wie wir sie auch für die Krankenversicherung fordern würde mehr Geld ins System bringen, da mehr Menschen einzahlen würden, eben auch Beamte, Abgeordnete, Selbständige mit hohen Einkommen.

Die Beitragsbemessungsgrenze muss erhöht werden, sie schützt die hohen Einkommen und verhindert eine solidarische prozentuale Finanzierung des Gemeinwesens.

Die Kosten für medizinische Behandlungspflege (SGB V Leistungen) ist eine Krankenkassenleistung uns muss, auch in den Pflegeheimen, von den Krankenkassen bezahlt werden und nicht über die Pflege abgerechnet werden.

Um eine echte menschenwürdige Pflege zu gewährleisten, muss dann auch auf Steuermittel gesetzt werden. Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch von der gesamten Gesellschaft mitzutragen ist.

Wie wollen Sie den Betrieb von Pflegeeinrichtungen durch private, freigemeinnützige und staatliche Träger gestaltet wissen?

Für mich steht alles unter der Prämisse einer würdevollen Pflege, die diesen Namen auch verdient. Mit der dringend notwendigen Daseinsvorsorge richtig Kasse zu machen und hohe Renditen zu erzielen, ist schwierig und gelingt nur, wenn dort gespart wird, wo das meiste Geld fließt, und das ist bei den Beschäftigten. Gewinnmaximierung auf Kosten der Pflege muss eingedämmt werden.

Wir benötigen bundesweit verbindliche und bedarfsgerechte Personalschlüssel, sowie tarifliche Bezahlung in allen Einrichtungen.

Die Betriebe müssen in die Pflicht genommen werden, auch für ihre Beschäftigten zu sorgen, dies gilt sowohl für Fortbildungen, um die Mitarbeitenden zu stärken und zu qualifizieren, aber auch für gesundheitliche Maßnahmen, wie z.B. Sportangebote, aber auch Angebote für die Erhaltung der psychischen Gesundheit.

Die Betriebe müssen sich mit Arbeitszeitmodellen auseinandersetzen, die es den Beschäftigten ermöglicht, in Vollzeit zu arbeiten, ihre Arbeitszeit mit der Familie in Einklang zu bringen und z.B. geteilte Dienste zu verringern oder darauf ganz zu verzichten.